Der Schauspieler Willi Schlüter trug maßgeblich dazu bei, dass 2007 aus dem stillgelegten Aldi-Markt das Theater in der List wurde. Dabei muss Schlüter
ohne Zuschüsse auskommen. Der Antrag auf Fördermittel aus dem Topf der freien Theater wird Jahr für Jahr abgelehnt.
Von außen sieht dieses blau-graue Gebäude mit der Glasfront immer noch aus wie ein Aldi-Markt. Drinnen aber gibt es schon lange keine Pommes oder Pralinen mehr. Der Aldi-Markt in der
Spichernstraße 13 ist zum Theater geworden. Doch trotz Kronleuchter, Garderobe und rotem Vorhang hat sich am Schlichtbau nicht viel verändert. „Die Leute wissen immer noch, wo früher
die Kartoffeln standen“, sagt Theaterleiter Willi Schlüter, der gerade mit seiner
Kollegin Sibylle Brunner hinter der Glasfront für ein neues Stück probt.
Der Mann mit der Stirnglatze und der rosarot-gerandeten Brille weiß noch gut, dass in den Räumlichkeiten einst andere Dinge zählten. Der Schauspieler, der dieser Tage seinen 65.
Geburtstag feierte, trug maßgeblich dazu bei, dass 2007 aus dem stillgelegten Aldi-Markt das Theater in der List wurde. Es war nicht das erste Mal, dass Schlüter einen Zweckbau zum Musentempel machte. Schon 1977 war der Absolvent der Hochschule für
Musik und Theater einer von denen, die einen maroden Pavillon am Raschplatz in
ein „Kultur- und Kommunikationszentrum“ verwandelten. „Das war ein ziemlicher Kampf“, erinnert sich Schlüter. Denn eigentlich sollte der Pavillon, der zuvor einen DeFaKa-Laden von Horten beherbergt hatte, einem Hochhaus weichen.
Aber Schlüter und Co. setzten sich durch„Das war eine wilde Zeit“, sagt der
Schauspieler. Zwei Jahre zuvor hatte Schlüter schon die theaterwerkstatt
hannover mitgegründet, später hob er gemeinsam mit Gesinnungsgenossen auch noch das Theater der Jugend in der Helmkestraße aus der Taufe, das er bis zu seiner Schließung im Jahre 1998
mit Erfolg leitete - ebenfalls in einem schlichten Zweckbau beheimatet. „Wir haben für ein freies Theater abseits des etablierten Kulturbetriebs gekämpft“, sagt Schlüter. Dahinter stand die Überzeugung, dass sich jeder noch so nüchterne Raum durch die Magie des
Theaters in eine Bühne verwandeln lässt - und dass es darum geht, Menschen anzusprechen, die den Weg in ein Schauspielhaus nicht so leicht finden.
Aber Schlüter lernte auch die andere Seite kennen. Von 1979 bis 1985 gehörte er
unter der Intendanz von Alexander May dem hannoverschen Staatstheaterensemble
an. Seinen Durchbruch feierte er 1989 an der Staatsoper Hannover in der
Titelrolle der Jubiläumsoper „Enrico Leone“. Das Singen beschränkte sich dabei auf ein
vergleichsweise einfaches Lied, Schlüter glänzte als Schauspieler und
Conférencier - und empfahl sich damit unter anderem für Engagements am Theater Basel,
an der Staatsoper Darmstadt und dem Theater im Zimmer in Hamburg. Nebenbei war der gebürtige Sauerländer auch in etlichen Fernsehrollen zu sehen.
Kontakt zum freien Theater aber hielt Schlüter weiterhin, und nach einem
dreijährigen Zwischenspiel als Schauspieler und Regisseur am Theater an der Glocksee führte sein Weg schließlich in den Aldi-Markt in der Spichernstraße. „Ich bin hier so `ne Art
Marktleiter“, scherzt er. „Ich führe Regie, schreibe Stücke, spiele selbst mit, verpflichte Schauspieler, aber ich kümmere mich auch um die Verwaltung, die Pressearbeit und den
täglichen Kleinkram.“